Vertrauensarbeitszeit

Wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern anbieten, ihre Aufgaben in Vertrauensarbeitszeit zu bearbeiten, so werden hierfür die unterschiedlichsten Gründe ins Spiel gebracht. Doch was bedeutet Vertrauensarbeitszeit genau?

Bei der Vertrauensarbeitszeit wird das Arbeiten nach vorgegebener Zeit ersetzt durch das Arbeiten, um Aufgaben zu erledigen oder um die vom Arbeitgeber erwarteten Ergebnisse zu erreichen. Beginn und Ende der Arbeitszeit werden nicht mehr registriert. Lediglich die über die reguläre Tagesarbeitszeit von 8 Stunden hinausgehende Zeit muss aufgrund gesetzlicher Vorschriften erfasst werden.

Von der Zeitorientierung zur Aufgabenorientierung

Unserer Erfahrung nach fällt die Umorientierung von Zeitorientierung hin zu Ziel- oder Ergebnisorientierung anfangs nicht leicht, weil die scheinbare Objektivität der Masseinheit Zeit entfällt. Eine schrittweise Einführung und Einübung der zielorientierten Arbeitsweise in ausgesuchten Abteilungen oder Arbeitsbereichen erleichtert die Umstellung. Zielvereinbarungen mit einzelnen Mitarbeitern oder Teams sind erforderlich, um die erwarteten Ergebnisse und den zur Bearbeitung vorgesehenen Zeitrahmen festzulegen.

Wann genau die zum Erreichen der Ergebnisse notwendige Arbeit getan wird, entscheiden die Mitarbeiter selbstständig, entweder individuell oder im Team, indem sie den Einsatzplan selbst erstellen. Dabei müssen immer genügend Mitarbeiter verfügbar sein, um die unternehmensspezifischen Prozesse sicher zu stellen.

Arbeitszeit ohne Arbeit entfällt

In einem Unternehmen, das als Zulieferer für Rasenmäherhersteller sehr saisonabhängig produziert, sahen die Mitarbeiter die Einführung von Vertrauensarbeitszeit als idealen Weg im Umgang mit der stark schwankenden Arbeitsauslastung an. Die regelmässig im Frühjahr anfallenden Überstunden werden nun nicht mehr abgerechnet. Nach Saisonende sitzen sie nicht ihre Zeit am Arbeitsplatz ab, obwohl es nichts zu tun gibt, sondern können nach Hause gehen.

Diese Kosteneinsparung und Flexibilisierung der Arbeitszeit hätte auch durch die Beibehaltung der Zeiterfassung und Einführung von Arbeitszeitkonten erreicht werden können. In diesem Unternehmen war jedoch der Reifegrad der Organisation und ihrer Mitglieder für Vertrauensarbeitszeit erreicht. Denn wer glaubt, Vertrauensarbeitszeit entstehe einfach durch die Einführung von Zielvereinbarungen und die Abschaffung der Erfassung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende, der irrt.

Vertrauensarbeitszeit – der Name ist Programm

Ohne Vertrauen geht es nicht. Ohne Verantwortungsbewusstsein auch nicht. Der Arbeitgeber muss darauf vertrauen können, dass seine Mitarbeiter eigenverantwortlich die zu bewältigende Arbeit zeitnah und zuverlässig erledigen. Die Arbeitnehmer müssen sich darauf verlassen können, dass der Arbeitgeber die Vertrauensarbeitszeit nicht deshalb einführt, weil zu wenig Mitarbeiter für die anfallenden Aufgaben vorhanden sind. Vertrauenskultur im Unternehmen ist die Basis für Vertrauensarbeit. Wie kann sie geschaffen werden?

Die Vertrauensspirale

Vertrauen lässt sich nur in kleinen Schritten aufbauen. Am Anfang steht immer ein Vertrauensvorschuss des Arbeitgebers: Er vergibt Aufgaben oder Projekte an die Mitarbeiter, die diese weitgehend selbstständig bearbeiten. Durch erfolgreiche Erledigung der ihnen übertragenen Aufgaben und den richtigen Umgang mit der Arbeitszeit zeigen die Mitarbeiter, dass sie den ihnen entgegengebrachten Vertrauensvorschuss “verdient” haben. Beim nächsten Mal kann der Arbeitgeber ihnen weitere Handlungs- und Entscheidungsräume zur eigenverantwortlichen Bearbeitung übertragen.

Zeigt es sich, dass Mitarbeiter noch nicht das nötige Verantwortungsbewusstsein besitzen, so werden deren Handlungsräume so lange beibehalten, bis sie das erforderliche Verantwortungsbewusstsein unter Beweis stellen.

Regelverletzung führt zum Vertrauensbruch

Die Vertrauensspirale funktioniert nur dann, wenn sich alle an die “Regeln” halten. Werden sie verletzt, geht das Vertrauen schnell vollständig verloren. Um einer Überlastung vorzubeugen, ist eine gute Personalplanung für die anstehenden Aufgaben im jahreszeitlichen Verlauf von entscheidender Bedeutung.

Vertrauensarbeitszeit darf nicht als Deckmäntelchen für eine dauerhaft zu gering eingeplante Personalstärke fungieren, sonst ist das Vertrauen schnell zerstört. Andererseits dürfen Mitarbeiter nicht einfach wegbleiben, wenn viel zu tun ist oder weil das Wetter schön ist. Voraussetzung hierfür ist Klarheit über den durchschnittlichen Zeitbedarf wiederkehrender Aufgaben.

Win Win durch Vertrauensarbeitszeit

Das Unternehmen profitiert von Vertrauensarbeitszeit durch Wegfall der Kosten für die Zeiterfassung und durch die Steigerung der Arbeitsproduktivität, da es keine Leerzeiten mehr gibt. Die Arbeitnehmer können durch selbstbestimmte Einteilung der Arbeitszeit Beruf und Familie besser verbinden. Mitarbeiter, die Verantwortung für ihre Arbeit übernehmen, über mehr Leistungsbereitschaft verfügen und mit ihrer Arbeit zufriedener sind. Von solchen Mitarbeitern träumt so mancher Arbeitgeber, denn es sind genau die, auf die sich das Unternehmen in Zeiten hoher Arbeitsbelastung verlassen kann. Denn letztendlich zählt nicht die Arbeitszeit, sondern es kommt auf die Arbeitsergebnisse an. Vertrauensarbeitszeit ist dann gut, wenn sie sich für alle lohnt.